• WARUM ICH TUE, WAS ICH TUE - EIN GESPRÄCH MIT THEKLA WILKENING, AUTORIN DES BUCHES "DAS BIO-PIZZA-DILEMMA"

    Thekla

    Im Gespräch mit Thekla Wilkening, der Mitgründerin der Kleiderei, Expertin für Kreislaufwirtschaft und Autorin des Buches "Das Bio-Pizza Dilemma". Ein Buch das zeigt, dass sich Lebenslust mit Nachhaltigkeit vereinbaren lässt.

    LIEBE THEKLA, KANNST DU DICH UND WAS DU MACHST MIT EIN PAAR SÄTZEN KURZ VORSTELLEN?
    Ich bin Thekla Wilkening, 33 Jahre alt und beschäftige mich nun seit fünfzehn Jahren mit dem Thema Nachhaltigkeit und Mode. Mit 25 Jahren habe ich zusammen mit Pola Fendel die Kleiderei gegründet, Deutschlands erstes Mode-Miet-Modell. Nach sechs Jahren als Co-Geschäftsführerin mussten wir für das Online-Business leider Insolvenz anmelden - das Konzept lebt aber weiter, geführt von Lena Schröder in der Kleiderei Köln & Freiburg. Ich arbeite seitdem frei als Unternehmensberaterin im Bereich Kreislaufwirtschaft, Nachhaltigkeit und Mode sowie als Autorin.

    DU HAST GERADE DEIN ERSTES BUCH HERAUSGEBRACHT:“DAS BIO-PIZZA DILEMMA“ - DER ÜBERRASCHENDE WEGWEISER ZU MEHR NACHHALTIGKEIT. WAS HAT DICH DAZU BEWEGT?
    In Gesprächen mit Freund*innen habe ich festgestellt, dass vielen ein Buch fehlt, das ihnen verständlich, kurzweilig und trotzdem ehrlich die Umwelt- und Klimakrise erklärt und greifbare Handlungsempfehlungen ausspricht, ohne dogmatisch zu sein oder zu komplex. Es gibt inzwischen zwar viele großartige Nachhaltigkeitsbücher, die oft aber gar nicht so leicht in Bus, Bahn oder am Strand zu lesen sind, wenn es der Einstieg zum Thema Nachhaltigkeit ist.

    Bio Pizza Dilemma

    Thekla Wilkenings erstes Buch "Das Bio-Pizza Dilemma" 

    BESONDERS SCHÖN FAND ICH DEN SLOGAN AUF DER BUCHRÜCKSEITE: „LEBENSLUST STATT ZUKUNFTSFRUST“. WIE VEREINT SICH LEBENSLUST MIT NACHHALTIGKEIT?
    Viele Menschen verbinden das Thema Nachhaltigkeit mit Verzicht, strengen Regeln und vor allem Perfektionsdruck. All dies führt dazu, dass wir schnell wieder aufgeben oder noch schlimmer, gar nicht erst anfangen. Wir sagen, dass es nicht perfekt sein muss, auch weil unsere individuellen Konsumentscheidungen eben nicht die Welt retten. Ich rate Freund*innen immer, dass wenn sie wirklich hin spüren, was sie glücklich macht, sie auch weniger konsumieren. Denn Konsum macht uns nicht wirklich glücklich. Abende mit guten Freunden, Tage in der Natur, gute Bücher oder Filme oder ein Nachmittag im Museum. Das sind die Dinge, die wirklich glücklich machen.

    WIR, BEI „THE WEARNESS“, VERKAUFEN NACHHALTIGE MODE. ES IST EIN KONZEPT, DASS AUF KONSUM BASIERT, AUCH WENN DIE PRODUKTE UNTER NACHHALTIGEN ASPEKTEN ENTSTANDEN SIND. PASST MODE ÜBERHAUPT IN EIN NACHHALTIGES LEBENSKONZEPT?
    Ja, auf jeden Fall! Mode ist wundervoll! Es ist nicht zu leugnen, dass wir uns in einem coolen Look stark, sexy und selbstbewusst fühlen. Aber eben nur in wirklich guten und ausgewählten Looks. Ich denke es gibt ein paar Faktoren, mit denen wir den eigenen Modekonsum leicht nachhaltiger gestalten können:

    1. Kleidungsstücke bewusst mit Erinnerungen verknüpfen. Dann werden sie zum wahren Partner-in-Crime, denn wenn du die Boots dann wieder anziehst, erinnerst du dich direkt zurück an die letzte durchgetanzte, glückliche Nacht und nimmst dieses Gefühl mit in den neuen Tag.  
    2. Wenn du coole Looks bei Instagram entdeckst, frage dich ob du Teile davon nicht auch aus deinem Kleiderschrank nachstylen kannst und vielleicht nur ein neues It-Piece brauchst.  
    3. Bei den It-Pieces kannst du darauf achten, dass es fair und nachhaltig produziert wurde. Da gibt es ja mittlerweile tolle Plattformen wie “the wearness”.
    4. Kleider-Tausch-Parties mit Freundinnen machen glücklich! Lade deine Freundinnen ein, legt eure Smartphones beiseite, kocht etwas Schönes und präsentiert abwechselnd die Kleidungsstücke, die ihr nicht mehr tragt. Wer zuerst “hier” ruft, bekommt den Zuschlag!  
    5. Wenn du merkst, dass du öfter Lust auf Abwechslung hast, dann sind Mode-Miet-Modelle perfekt für dich! Da bekommst du Abwechslung ohne schlechtes Gewissen deinem Geldbeutel und der Umwelt gegenüber.

    WANN BIST DU MIT DEM THEMA MODE IN BERÜHRUNG GEKOMMEN? UND WANN WURDE DIR KLAR, DASS DU DAS FASHION SYSTEM VERÄNDERN MÖCHTEST?
    Was Mode wirklich bedeuten kann habe ich das erste Mal mitbekommen, als ich noch sehr klein war, vielleicht vier Jahre alt. Meine Mutter hatte einen wunderschönen bunten Rock und erklärte mir, dass dieser sehr wertvoll sei, weil er aus echter Seide ist und mein Papa ihn ihr in Cannes gekauft hatte. Mittlerweile hängt dieser Rock in meinem Kleiderschrank und ist für mich immer noch genauso magisch wie damals. Mir ist bewusst, dass wir nicht jedem Kleidungsstück in unserem Schrank eine solche Bedeutung beimessen können, aber zu wissen, dass es geht und auch noch viel schöner ist, hat bei mir dazu geführt, dass ich Fast-Fashion und die Wegwerfmentalität im Umgang mit Mode immer stärker hinterfragt habe. Wieso bedeuten uns Kleidungsstücke so wenig? Wieso werfen wir sie einfach weg? Das sind die Fragen, die ich mir seit fünfzehn Jahren stelle.

    GIBT ES EINEN PERSÖNLICHEN „NACHHALTIGEN“ HOTSPOT AN DEM DU ENERGIE TANKST?
    Ja, ich fahre so oft es geht auf die kleine Ostseeinsel Hiddensee. Meine Familie hat hier seit den 60ern ein kleines Reetdach-gedecktes Häuschen und für mich ist es der perfekte Ort, um die Seele baumeln zu lassen, das ganze Gewusel des Alltags hinter mir zu lassen und einfach Sein zu können. Hier merke ich auch immer wieder, wie wenig ich eigentlich brauche, um glücklich zu sein.

    Thekla

    Thekla auf einer Bank, beim Auftanken an ihrem Lieblingsort auf der Ostseeinsel Hiddensee
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